Strenge in die Erdung
Als ich das nächste Mal den Wald aufsuchte, war ich ziemlich zerstreut. Ich hatte mich schlecht ernährt, wenig bewegt und viel gegrübelt. Der Kopf war voll und ich fühlte mich verwirrt, denn ich hatte die Verbindung zu meinem Bauchgefühl verloren. Und all die schönen Erlebnisse im Kontakt mit den Bäumen der vergangenen Wochen fanden keine Wiederholung.
Zunächst bat ich einige Fichten um Unterstützung. Und sie schenkten auch wie üblich warme Gefühle und hatten mütterlichen Rat für mich. Bei ihnen tankte ich auf, doch meine Verwirrung blieb. So rieten sie mir, mich nochmals an die Lärche zu wenden, zu der ich nach meinem Erlebnis mit den Insektenbissen weniger Kontakt gepflegt hatte.
Als ich mich dann wieder bei der Lärche einfand, schien mir diese nicht allzu begeistert. Das lag wohl daran, dass der Herbst vor der Tür stand und sich der Baum bereits langsam in sich selbst und die Winterruhe zurückziehen wollte. Seine Energie wirkte im direkten Vergleich mit der der Fichten eigenartig kühl, ja außerordentlich streng. Und auch die Botschaft der Lärche war kurz und streng formuliert und erreichte mich zusammen mit einem Gefühl von Distanziertheit und messerscharfer Klarheit: "Du musst mehr Disziplin halten."
Da gab ich ihr recht, obwohl ich mich etwas unwirsch behandelt und unangenehm ertappt fühlte. Ja, ich hatte in letzter Zeit nicht gut für mich gesorgt und mich sowohl körperlich als auch geistig schlecht ernährt, keine Gedankenhygiene betrieben und mich wenig bewegt.
Dennoch unterstützte mich die Lärche dabei, wieder einen freien Kopf zu bekommen. Auf ihre gewohnt kraftvolle Art verstand sie es, mich zu erden. Innerhalb kurzer Zeit war mein Kopf angenehm leer. Keine Gedankenflut mehr, kein "soll ich dies oder soll ich das tun?" mehr. Stille. Angenehme Pausen zwischen den einzelnen Gedanken. Wow! Das habe ich selten und nur nach langen Meditationen und bei wenig Alltagsstress.
Außerdem fühlte ich mich kleiner, irgendwie kompakter. Spürte meine Beine und Füße ganz anders. Hatte das Gefühl, viel mehr in meinem Körper zu sein als sonst üblich. Auf dem Heimweg stellte ich fest, dass ich anders ging, weicher, elastischer und kraftvoller. Die Schultern befreiter und der ganze Körper aufgerichteter, voller gesunder Spannung. Genial! Davon hätte ich gern täglich eine Dosis.
Aber die Hoffnung auf eine tägliche Ration Lärchen-Erdungs-Energie wurde schnell zunichte gemacht. Denn die Lärche war nicht bereit, mich regelmäßig auf diese Weise zu erden, ohne dass ich meinen Alltag diszipliniert auf mein Wohlsein ausrichten würde. Sie forderte nochmals zu mehr Disziplin und Eigenverantwortung auf und wirkte dabei sehr streng.
Und so übe ich mich seit diesem Erlebnis mit der Lärche in liebevoller Selbstfürsorge. Zur Aufgabe hatte ich mir gesetzt, mich weiter in folgenden Aspekten zu verbessern:
- mich besser zu ernähren,
- meine Gedanken und Gefühle positiv zu gestalten,
- meinen Medienkonsum auf Konstruktives zu beschränken,
- morgens in den Wald zu gehen, bevor ich mit Tätigkeiten jedweder Art beginne,
- mehr Bewegung an der frischen Luft zu genießen,
- wieder mehr zu tanzen und meiner Kreativität freien Lauf zu lassen.
Da ich nicht gar so streng mit mir bin, wie es die Lärche vielleicht gern hätte, sind meine Etappenziele nicht alle zu 100 % erreicht. Und doch erkenne ich grandiose Fortschritte, die sich auch darin zeigen, dass ich mich geerdeter und gelassener fühle - auch ohne die Hilfe der Lärche, die mich durch die Übermittlung ihrer messerscharfen Klarheit wahrlich zu motivieren verstand.
Doch dann und wann sind die Bäume einfach das Zündkabel, das ich benötige, um endlich wieder in vollen Kontakt mit meiner wahren Natur zu finden. Das wird ganz besonders dann dringlich, wenn ich zuviel Zeit in geschlossenen Räumen verbringe und / oder mit dem Medienkonsum aller Art befasst bin.
Was erdet dich eigentlich? Hast du Tipps, die du hier mit mir und anderen LeserInnen teilen möchtest?
Allerliebste Baumgrüße,
deine Inga
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